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Ich war 32 Jahre alt, als ich mich um vier Kleinkinder gekümmert habe. Höflich ausgedrückt waren meine Nerven in dieser Zeit nicht gerade die Stahlseile, die man sich wünscht. Manches Mal habe ich mich dabei ertappt, dass ich losgeschimpft habe, weil etwas nicht so war, wie ich es mir vorgestellt hatte. Außerdem habe ich eine Eigenschaft, die mit der Schimpferei eine enge Liebesbeziehung pflegt : Ich bin jähzornig. Ein Charakterzug, der in der Psychologie als infantiles Verhalten zählt, da man sich nicht erwachsen verhält.
Heute können die Kinder darüber lachen und Kind 5 und 6 profitieren von meiner Dalai Lamaschen Geduld ( manche Menschen verwechseln es auch öfter mit Inkonsequenz). Aber was ist damals mit mir passiert? Ganz einfach, aus meiner Arbeit als Erzieherin weiß ich, was Schimpfen in Kindern auslöst. Ich habe mir damals gedacht: “ Du möchtest, dass deine Kinder ein selbstbestimmtes, glückliches Leben führen, also ändere dich“
Was ist da los?
Wir alle haben eine Vorstellung von unserem Selbstwert. Wie hoch dieser ausfällt, hängt davon ab, was wir in unserer Kindheit im Umgang mit anderen Menschen ( allen voran unseren Eltern) erlebt haben.
Wenn wir nun als Mama oder Papa dauerhaft kritisieren, was unsere kleinen Freunde so anstellen, dann bekommen Kinder schnell das Gefühl : Ich tauge nichts. Alles was ich mache ist falsch und ich kann es meinen Eltern nicht recht machen.
Weiterhin schadet es der Bindung, die wir mit unseren Kindern haben. Kein Teenie wird zu den Eltern kommen und erzählen, was vorgefallen ist, wenn er seit dem Kleinkindalter weiß, welche Reaktion er zu erwarten hat. Das ist der Punkt an dem Patient/innen kommen und traurig sind, weil die Kinder nichts mehr erzählen und keinerlei Verbindung mehr da ist, die einst „Kleinen“ lassen uns hinter sich, Vertrauen ist verloren.
Für das Gehirn entsteht beim Schimpfen eine Stresssituation, es ist etwas, was sich einprägt und höchstwahrscheinlich bewirkt diese Prägung auch, dass unsere Kinder es später einmal an ihre Kinder weitergeben.
Was ist zu tun?
Nicht schimpfen heißt nicht, nicht erziehen. Kinder brauchen Regeln und Strukturen ansonsten kommen Sie in der Welt nicht zurecht. Man kann sehr wohl konsequent sein, ohne aber ständig zu brüllen und zu nörgeln. Sie können dem Kind die Situation erklären, die Konsequenz aus seinem Handeln aufzeigen und auch ein Nein, kann man so vermitteln, dass es selbst kleinen Kindern einleuchtet.
Es bringt allerdings nichts, von der eigenen großen Enttäuschung über das schlimmste Vergehen aller Zeiten herumzubrüllen und dem Kind jahrelang nachzutragen, dass es auf dem Sofa gegessen hat und alles verschmiert.
Wie ists jetzt bei mir zu Hause? Bin ich die tolle Übermutter, die niemals ein böses Wort verliert?
Mit Sicherheit nicht, denn jeder Mensch hat schlechte Tage und begrenzte nervliche Kapazität. Was ich aber inzwischen gelernt habe ist die Möglichkeit des Entschuldigens. Ich kann zu meiner Familie gehen und mich dafür entschuldigen, dass ich übers Ziel hinausgeschossen bin, und die Kinder lernen dabei auch, dass jeder Mensch ( nicht nur sie selber) unterschiedliche Gefühle hat, die manchmal raus müssen. Sie lernen, dass es die Möglichkeit gibt, sich zu entschuldigen und das Eltern nicht übermächtig sind.
Wir alle wünschen uns, dass Kinder glückliche Erwachsene werden, und wir haben viele Möglichkeiten dazu in der Hand, dass sie zu solchen Erwachsenen werden.